Ludwig
Quidde 
Fachliche Leistung
Quidde profilierte sich früh politisch und trat öffentlich gegen
antisemitische Aktivitäten in der deutschen Studentenschaft auf. Eine
Streitschrift zur antisemitischen Agitation in der Studentenschaft brachte
ihm zwar zwei Auflagen, aber auch einige Duellforderungen ein.
Zwei Jahre nachdem er sich der bürgerlichen Friedensbewegung angeschlossen
hatte, gründete Quidde 1894 die Münchener Friedensvereinigung und
wurde durch seine Aufrufe gegen den Krieg zwischen Briten und Buren in Südafrika
bekannt.
Seine Karriere als Historiker endete abrupt, als Quidde 1894 unter dem Titel
Caligula. Eine Studie über den römischen Cäsarenwahnsinn
eine Satire auf den deutschen Kaiser Wilhelm II. veröffentlichte. Schon
früh war Quidde eine geistige Verwandtschaft zwischen dem deutschen Kaiser
und dem römischen Terrorkaiser Caligula aufgefallen. Dann entdeckte Quidde
durch Zufall ein Foto des deutschen Kaisers mit der eigenhändig-kaiserlichen
Unterschrift "Oderint, dum me metuant" - "Mögen sie mich
hassen, wenn sie mich nur fürchten": einem Lieblingswort des schrecklichen
Caligula. Diese Parallele war für Quidde der letzte Anlass zu seiner
Schrift Caligula, die Ostern 1894 herauskam und bis 1926 bereits 31 Auflagen
hatte. Was vordergründig wie eine Charakterstudie über den tyrannischen
römischen Kaiser Caligula aussah, wurde bald als schonungslose Abrechnung
mit der Person von Kaiser Wilhelm II. erkannt, aber die Angriffe auf den wagemutigen
Autor in konservativen Zeitungen steigerten nur die Auflage. Quiddes 1889
gegründete Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft
wurde boykottiert.
Zwei Jahre später musste Quidde wegen Majestätsbeleidigung für
drei Monate ins Gefängnis. 1902 wurde er Mitglied des Präsidiums
der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG), und von 1914-29 leitete er diese
Organisation. In den Jahren 1907 bis 1918 war der pazifistische Politiker
Mitglied des Bayerischen Landtages (zunächst für die nationalliberale
Deutsche Volkspartei, später für die Fortschrittliche Volkspartei)
und gehörte 1919/20 als Mitglied der linksliberalen Deutschen Demokratischen
Partei der Nationalversammlung an.
Quidde veröffentlichte im Jahr 1924 die den Versailler Vertrag unterlaufenden
deutschen Rüstungsbestrebungen und entging nur knapp einer Anklage wegen
Landesverrats.
Seine Chancen auf eine Anstellung waren damit jedoch endgültig vertan,
sein Vermögen in der Inflation verloren. 1927 erhielt er den Friedensnobelpreis
u. a. in Anerkennung seines Einsatzes für den friedlichen Ausgleich der
ehemaligen Kriegsgegner Frankreich und Deutschland. Diese Auszeichnung war
zugleich eine gewisse internationale Entschädigung für seine politisch
schwierige Position in der Weimarer Republik.
In der Schweiz gehörte Quidde nach seiner Emigration 1933 weiterhin dem
Rat des Internationalen Friedensbüros an und schrieb im Auftrag des Nobel-Instituts
die Geschichte der deutschen Friedensbewegung während des Ersten Weltkriegs.