Adolf
O. R. Windaus
Fachliche Leistung
Windaus war einer der führenden Naturstoffchemiker seiner Zeit. Er
hat seine Forschungen auf das gesamte Gebiet der Sterine ausgedehnt und
wesentliche Grundlagen für die Chemie der Steroide und ihres Zusammenhangs
mit Gallensäuren, Herzgiften und Saponinen geschaffen. Windaus bedeutendste
Arbeiten lagen in der Erforschung der Struktur von Steroiden, zu deren wichtigsten
Vertretern das Cholesterin und das Ergosterin gehören.
Seine Forschungen waren ebenfalls wichtig für das Verständnis
der Struktur von Vitaminen, zu deren Aufklärung Windaus insbesondere
mit seinen Untersuchungen des Vitamin D beitrug. Er gilt auch als
Begründer der modernen Vitaminforschung.
Sein Forschungsgebiet lag stets zwischen Chemie und Medizin, da er nach
erfolgreichem Medizinstudium v. a. an der Wirkungsweise chemischer Substanzen
im lebenden Organismus interessiert war.
1905 gelang ihm die Strukturaufklärung der semiessentiellen Aminosäure
Histidin, 1919 die Überführung des Cholesterins in Cholansäure
und damit die Verknüpfung der Steroide mit den Gallensäuren.
In einer spektakulären photochemischen Reaktion gelang ihm 1926 durch
UV-Bestrahlung die Umwandlung von Ergosterin in das antirachitisch wirkende
Vitamin D. Es gelang ihm damit, die Zusammensetzung des Vitamins
D aufzuklären und es in einem technisch auswertbaren Verfahren darzustellen.
Vitamin D ist besonders wichtig zur Vorbeugung und Behandlung von
Rachitis, der sogenannten "Englischen Krankheit". Diese Knochenerkrankung
bricht bei Vitamin-D-Mangel insbesondere bei Säuglingen und Kleinkindern
aus. Mit dem von Windaus geschaffenen Medikament Vigantol wurde ein wirksames
Mittel gegen die Rachitis verfügbar. Heute ist die Rachitis weitgehend
ausgerottet. In den Jahren 1927-31 gelang ihm die Isolierung weiterer D-Vitamine.
Für seine Untersuchungen über die Konstitution der Steroide und
ihre Beziehung zu den Vitaminen wurde er 1928 mit dem Nobelpreis für
Chemie ausgezeichnet.
1932 konnte die Konstitutionsermittlung von Cholesterin abgeschlossen werden,
1934 die des Ergosterins und kurz darauf die der Vitamine D2
und D3. Seine Arbeiten über Steroide trugen nicht
nur dazu bei, die gefürchtete Rachitis zu besiegen, sondern bilden
auch die Grundlage der im wesentlichen von seinen Schülern durchgeführten
Arbeiten über die menschlichen Sexualhormone.
Windaus hatte wiederholt Kontroversen mit den nationalsozialistischen Machthabern
und hatte 1935 sogar seinen Rücktritt von den Lehrverpflichtungen angeboten,
es sei denn, das Kultusministerium verbiete die nationalsozialistische Agitation
von Studenten an "seinem" Institut. Man liest in einem Protokoll
des Kultusministeriums: "Dass Windaus kein Kämpfer für den
heutigen Staat ist, war längst bekannt."