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4.3 Suchverhalten von Endanwendern

Wissenschaftliche Informationsrecherchen werden sowohl - und das in zunehmendem Maße - von den Informationssuchenden selbst, als auch von professionellen Informationsvermittlern durchgeführt. Letztere sind besonders mit Suchmethoden, Retrievalsprachen und Technik in Online-Datenbanken vertraut. Dadurch sind sie in der Lage, Recherchen präziser und schneller durchzuführen als die Informationssuchenden selbst. Der große Teil der kommerziellen Online-Datenbanken ist zudem in seiner Bedienung und Kostenstruktur für Informationsspezialisten konzipiert.

Durch die Entwicklungen bei OPACs, bibliographischen CD-ROM und Endnutzerdatenbanken, wie z.B. FirstSearch von OCLC, ist der Anteil der von den Informationssuchenden selbst durchgeführten Recherchen in den letzten Jahren stark angestiegen. Damit sind auch die Probleme deutlicher geworden, die Endnutzer mit der Durchführung von Suchen, besonders komplexerer Art, haben. Vor allem für die Benutzung von OPACs und CD-ROM liegen inzwischen eine große Anzahl Studien vor, die sich mit dem Suchverhalten von Endnutzern beschäftigen und daraus Forderungen für die Gestaltung von Suchmöglichkeiten und Benutzerschnittstellen herleiten.

In Umfragen und Tests zum Suchverhalten wurde ermittelt, daß Endnutzer i.d.R. sehr einfache Suchfragen stellen und die Möglichkeiten avancierter Suchfunktionalitäten kaum ausnutzen.[55] Sie haben Probleme, die passenden Suchworte auszuwählen, entwickeln keine guten Suchstrategien, verstehen die vorhandenen Suchoptionen nicht oder können sie nicht anwenden (Tinanoff); sie haben Probleme, ihre Suchstrategie auf der Basis der Ergebnisse zu ändern (Nicholas) und sie verwenden kaum komplexe Suchausdrücke (Anderson).

Eine kritische Zusammenfassung der Probleme von Endnutzern bei der Informationssuche in OPACs lieferte U. Schulz.[56] Sie legte dar, daß OPAC-Nutzer

Aus diesen Erkenntnissen ergeben sich Forderungen an die Gestaltung von Suchdiensten. Indexierung und Retrieval sollten darauf optimiert sein, auch bei einfacher Suchstrategie relevante Ergebnisse zu erzielen. Die Systeme sollten eine Unterstützung bei der Wahl von Suchbegriffen und Suchstrategie bieten. So können sucherweiternde oder -einschränkende Schritte abhängig vom anfänglichen Ergebnis vorgeschlagen werden. Durch Angebote weiterer Suchbegriffe können die Nutzer zu iterativer Suche ermutigt werden. Eine weitere Möglichkeit zur Unterstützung des Suchprozesses ist das Angebot von Browsingstrukturen (Browsen in Indices bzw. in einer Systematik, nach der die Ressourcen geordnet werden). Nach einer Studie von Pollock/Hockley entspricht Browsing mehr dem gewöhnlichen Suchverhalten als die gezielte Stichwortsuche.[58] Noch besser wird der Suchprozeß unterstützt, wenn ein iterativer Wechsel zwischen Browsing und Suche möglich ist. Das Angebot von Browsingstrukturen und deren Integration mit dem Suchsystem könnten daher erheblich zur Optimierung des Suchprozeßes beitragen. Ein weiteres sehr wichtiges Kriterium sind gute, kontextsensitive Hilfen. Da der Nutzer i.d.R. nicht auf die professionelle Hilfe einer Informationsvermittlers oder Bibliothekars zurückgreifen kann, sind aussagekräftige Hilfen, Suchbeispiele und -tips besonders wichtig. Gute Dokumentationen erleichtern es, die Ergebnisse und die Arbeitsweise der Dienste zu verstehen.

Auch Suchwerkzeuge im Internet werden von den Endnutzern direkt verwendet. Die Probleme, die diese bei der Benutzung von OPACs und bibliographischen CD-ROM haben, sind aufgrund ähnlicher Ausgangsbedingungen auch auf Suchwerkzeuge im Internet übertragbar.


[55] vgl. u.a. Tinanoff 1996; Nicholas 1997; Anderson 1995; Pollock 1997

[56] s. Schulz 1994, S. 299-300

[57] Im Internet tritt das Problem, keine Treffer zu finden nicht im gleichen Umfang auf. Volltextindexierung und die Verwendung von best match Retrieval (auch Dokumente, die nur einen von mehreren gesuchten Worten enthalten, werden als Treffer angezeigt) führen oft zu Suchergebnissen, nur eben zu irrelevanten, was die Auswirkungen der o.g. Probleme nur verschlimmern dürfte.

[58] Pollock 1997: "Users are much happier searching for information from hierarchical categories rather than keywords..."


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